Sickereffekt: Wie Wohnungsneubau den gesamten Wohnungsmarkt entspannt.
Seit vielen Jahren steigen die Miet- und Kaufpreise auf dem Kölner Wohnungsmarkt an. Um das Angebot an günstigem Wohnraum zu fördern bzw. Mietsteigerungen im Bestand zu begrenzen, wurden viele neue Modelle erdacht bzw. Verfahren eingeführt. Hier sei z. B. das kooperative Baulandmodell genannt (mit einer verpflichtenden Neubau-Quote von 30 % öffentlichen, geförderten Wohnungen), oder der Erlass von sozialen Erhaltungssatzungen, die z. B. die Erhöhung von Mieten nach Modernisierungen beschränken sollen, genannt.
An einem führt aber kein Weg vorbei: an der grundsätzlichen Ausweitung des Wohnungsneubaus. Denn eine neu gebaute Wohnung zieht bis zu drei Bestandswohnungen frei und hat auch Auswirkungen auf die Mietbelastung sozial schwächerer Kölnerinnen und Kölner. Ergo, jede neugebaute Wohnung ist eine gute Wohnung.
„Gut verdienende Haushalte, die hochwertigen Neubau beziehen, machen anderswo eine Mietwohnung frei (technischer Sickereffekt). Dorthin rücken einkommensschwächere Haushalte zu Mieten unterhalb des Neubauniveaus nach und verbessern ihren Wohnwert (sozialer Sickereffekt).“ – empirica-Metastudie „Sickereffekte“
Bei den Umzugsketten, die durch einen Wohnungsneubau – und auch nur durch einen Neubau – innerhalb einer Stadt entstehen, spricht man vom Sickereffekt. Der Sickereffekt hat dabei zwei wichtige Komponenten:
1. Der technische Sickereffekt: Dieser beschreibt den einfachen Umstand, dass – sobald eine Person in einen Neubau einzieht – eine Bestandswohnung frei wird. In diesem Fall ist das Verhältnis von Neubau zu freigewordener Bestandswohnung 1:1. In häufigen Fällen – zum Beispiel bei einem vorher räumlich getrennt lebenden Paar – oder selteneren Fällen – Paar bezieht gemeinsam mit Eltern den Neubau – werden entsprechend mehr Bestandswohnungen freigezogen.
Laut der empirica-Studie, auf die wir uns hier beziehen, führen „in der Summe der ersten drei Sickerstufen (…) 100 Neubauwohnungen zu rund 150 bis 300 freigezogenen Wohnungen im Bestand – je nach Art des Neubaus, Ausmaß des Außenzuzugs und Altersstruktur der Umziehenden.“
2. Der soziale Sickereffekt: Der Wohnungsneubau hat auch Auswirkungen auf das soziale Gefüge einer Stadt, denn Neubauten sind – sowohl im Kauf als auch der Miete – grundsätzlich teurer. Das heißt: Ein Haushalt mit gutverdienenden Personen zieht in einen hochwertigen Neubau und zieht damit an anderer Stelle in der Stadt eine preiswertere Bestandswohnung frei.
„Am Anfang des Sickereffekts steht ein Neubau. Am Ende eine lange Kette vieler Haushalte, die ihre Lebenssituation verbessert und ihre Mietbelastung verringert haben.“
In diese können nun einkommensschwächere Haushalte nachrücken, die wiederum ihren Wohnwert verbessern – also bezahlbaren und für den Haushalt qualitativ und quantitativ ausreichenden Wohnraum vorfinden.
In die durch den einkommensschwächeren Haushalt freigezogene Bestandswohnung wiederum können andere Haushalte einziehen, die darüber wiederum ihren Wohnwert verbessern, so dass am Ende einer langen Umzugskette idealerweise viele Haushalte stehen, die durch einen Neubau ihre Lebenssituation verbessert und ihre Mietbelastung verringert haben.
Je mehr Wohnraummangel, desto schwächer der Sickereffekt.
Der Wohnungsneubau bzw. der damit zusammenhängende Sickereffekt hat also sehr positive Auswirkungen auf das soziale Gefüge einer Stadt. Ideal sind lange Sickerketten, von denen sehr viele Haushalte durch Wohnwertverbesserungen profitieren können.
Allerdings kommt die empirica-Metastudie „Sickereffekte“ zu dem Schluss, dass lange Ketten unwahrscheinlicher werden, „je größer die Zusatznachfrage ausfällt und je weiter der Neubau dieser Nachfrage hinterherhinkt. Zusatznachfrage entsteht durch Zuzug von außerhalb der Region oder durch lokale Haushaltsneugründungen. In beiden Fällen werden nämlich vor Ort keine Wohnungen leer gezogen und brechen die Sickerketten daher vorzeitig ab. Wenn darüber hinaus mengenmäßig zu wenig neu gebaut wird,“ so die Studie weiter, leide die soziale Komponente des Sickereffektes. Denn als Folge eines angespannten Wohnungsmarktes würden Wiedervermietungsmieten stark angehoben. In der Folge kämen Geringverdiener nur an Wohnungen, die keine Wohnwertverbesserungen mit sich brächten.
Es benötigt also mehr und vor allem schnelleren Wohnungsneubau in Köln, damit Veedel in ihrer besonderen Bevölkerungsstruktur erhalten bleiben und einkommensschwächere Haushalte besseren und bezahlbareren Wohnraum vorfinden.
Wir, die WIK, stehen als praxiserprobter Sparringspartner für einen Dialog mit Politik und Verwaltung gerne zur Verfügung – damit mehr Wohnungsneubau in Köln geschaffen werden kann.
Die gesamte empirica-Metastudie „Sickereffekte“ steht hier zum Download.